Vor 25 Jahren eröffnete der damals 81-jährige Stefan Heym als Alterspräsident
„Meine Damen und Herren,
an dieser Stelle vor vier Jahren eröffnete Willy Brandt den ersten gesamtdeutschen
An dieser Stelle stand auch im gefahrvollen Jahre 1932 Clara Zetkin und eröffnete den damals neugewählten Reichstag. Wir wissen was aus dem Reichstag wurde, dessen Sitzungsperiode
Ich selber habe den Brand gesehen. Kurz darauf mußte ich Deutschland verlassen und sah es erst in amerikanischer Uniform wieder. Ein Überlebender. Und kehrte Jahre später dann in den östlichen Teil des Landes zurück, in die DDR. Wo ich auch bald in Konflikte geriet mit den Autoritäten. Und wenn einer wie ich, mit dieser Lebensgeschicht
Wir werden keine leichte Zeit haben in den nächsten vier Jahren. Es werden Entwicklungen auf uns zukommen, auf welche die wenigsten von uns, schätze ich, sich bisher eingestellt haben und um die wir uns nicht werden herumschwindeln
Wie sagte doch Abraham Lincoln, der große amerikanische Präsident: Ein Teil der Menschen können sie die ganze Zeit zum Narren halten und alle Menschen einen Teil der Zeit aber nicht alle Menschen die ganze Zeit.
Die Krise in welche hinein dieser Bundestag gewählt wurde, ist ja nicht nur eine zyklische, die kommt und geht, sondern eine strukturelle, bleibende und dieses weltweit.
Zwar hat die Mehrheit der davon betroffenen Völker sich von der hemmenden Last des Stalinismus und Poststalinismus
Der dreizehnte Bundestag wird die Probleme, die sich aus diesen zwei Fragen ergeben nicht lösen können. Aber er kann ihre Lösung in Angriff nehmen. Die Herausforderung
Deutschland und gerade das vereinigte, hat eine Bedeutung in der Welt gewonnen der voll zu entsprechen wir erst noch lernen müssen. Den es geht nicht darum unser Gewicht vornehmlich zum unmittelbaren eigenen Vorteil in die Waagschale zu werfen, sondern das überleben künftiger Generationen zu sichern.
Brecht schrieb: Anmut sparet nicht noch Mühe, Leidenschaft nicht noch Verstand, das ein gutes Deutschland blühe wie ein anderes gutes Land. Das die Völker nicht erbleichen wie vor einer Räuberin, sondern ihre Hände reichen uns die andren Völker hin und nicht über und nicht unter andern Völkern wolln wir sein, von der See bis zu den Alpen, von der Oder bis zum Rhein. Und weil wir dies Land verbessern, lieben und beschirmen wirst. Und das liebste mags uns scheinen so wie andern Völkern ihrst.
Arbeits- und Obdachlosigkeit
Reden wir nicht nur von der Entschuldung der Ärmsten. Entschulden wir Sie. Und nicht die Flüchtlinge die zu uns drängen sind unsere Feinde, sondern die die sie in die Flucht treiben.
Toleranz und Achtung gegenüber jedem einzelnen und Widerspruch und Vielfalt der Meinungen sind von nöten. Eine politische Kultur mit der unser Land, das geeinte, seine besten Traditionen einbringen kann in ein geeintes freies friedliches Europa.
Und benutzen wir die Macht die wir haben, die finanzielle vor allem, weise und mit sensibler Hand. Macht, wie wir wissen, korrumpiert und absolute Macht korrumpiert absolut
Die Menschheit kann nur in Solidarität überleben. Das aber erfordert Solidarität zunächst im eigenem Lande. West – Ost. Oben – Unten. Reich – Arm. Ich habe mich immer gefragt, warum die Euphorie über die deutsche Einheit so schnell verflogen ist. Vielleicht weil ein jeder als erstes Ausschau hielt nach den materiellen Vorteilen, die die Sache ihn bringen würde. Den einen Märkte, Immobilien, billigere Arbeitskräfte, den andern bescheidener – harte Mark und ein grenzenloses Angebot an Gütern und Reisen.
Zuwenig wurde nachgedacht über die Chancen die durch die Vereinigung unterschiedlich
Es wird diesem Bundestag obliegen, dafür zu sorgen, das die mit der Einheit zusammenhängend
Die gewaltlose Revolution vom Herbst 1989 hat den Menschen der alten Bundesländer Möglichkeiten zur neuen Expansion gebracht und denen der Ex- DDR Rechte und Freiheiten, die keiner von Ihnen mehr missen möchte und die, ich betone das ausdrücklich, sie sich selber erkämpften.
Und diejenigen DDR-Bürger die die Waffen zur Erhaltung des ungeliebten Systems besaßen waren zurückhaltend genug auf deren Anwendung zu verzichten. Und dieses sollte, so meine ich, bei ihrer künftigen Beurteilung zumindest mit in Betracht gezogen werden.
Die Vergangenheitsb
Die Effizienz des Westen, seine demokratischen Formen und andere Qualitäten des Lebens dort, die zum Nutzen der Ostdeutschen zu übernehmen wären liegen zu tage. Aber umgekehrt?
Gibt es nicht auch Erfahrungen aus dem Leben der früheren DDR, die für die gemeinsame Zukunft Deutschlands zu übernehmen sich ebenfalls lohnte? Der gesicherte Arbeitsplatz vielleicht, die gesicherte berufliche Laufbahn, das gesicherte Dach übern Kopf. Nicht umsonst protestieren ja zahllose Bürger und Bürgerinnen der Ex-DDR dagegen, das die Errungenschafte
Ich weiß sehr wohl das man positives aus Ost und West nur schwer miteinander verquicken kann. Wir haben jedoch solange mit unterschiedlich
Das setzt allerdings voraus, das den Menschen ihre Ängste genommen wird. Den Westdeutschen, der Osten könnte sie ihre Ersparnisse und ihre Arbeitsplätze kosten. Den Ostdeutschen, der Westen könnte sie ihre Häuser und Wohnungen und stückchen Landes berauben und ihre Jobs dazu. Ihre Berufsabschlüss
Und diese Annäherung im Denken setzt ferner voraus, das die Regierung eines so reichen Landes wie es die jetzt vereinte Bundesrepublik ist, ernsthafte und vor allem wirksame Bemühungen unternimmt Arbeitsplätze zu schaffen. Selbst wenn kein Investor neue Profite aus solchen Bemühungen schlagen kann. Massenarbeitslo
Das heißt, die Menschen erwarten das wir uns als wichtigstes mit der Herstellung akzeptabler, sozial gerechter Verhältnisse und der Erhaltung unserer Umwelt beschäftigen. Die Vorstellungen in diesem Hause dazu mögen weit auseinander klaffen. Lassen Sie uns ruhig darüber streiten.
Doch in einem werden wir hoffentlich übereinstimmen:
Dieser Bundestag wird derlei nicht völlig verhindern können. Aber er kann dazu beitragen ein Klima zu schaffen, in dem Menschen die solch verfehlten Denkweisen anhängen, der öffentlichen Ächtung verfallen. All dieses jedoch kann nicht die Angelegenheit nur einer Partei oder einer Fraktion sein. Es ist nicht einmal die Sache eines Parlaments nur, sondern die aller Bürgerinnen und Bürger, West wie Ost.
Und wenn wir von diesen moralisches Verhalten verlangen und Großzügigkeit und Toleranz im Umgang miteinander, dann müssen wir wohl als ihre gewählten Repräsentanten mit gutem Beispiel vorangehen. Und just darum plädiere ich dafür, das die Debatte um die notwendigen Veränderungen in unserer Gesellschaft Sache einer großen, bisher noch nie dagewesenen, Koalition werden muß. Einer Koalition der Vernunft, die eine Koalition der Vernünftigen voraussetzt.
In diesem Sinne eröffne ich den dreizehnten Deutschen Bundestag und wünsche uns allen Glück für unsere gemeinsame Arbeit. (Beifall)“